Mittwoch, 19. August 2009

Einrichtungsverkehr hat kaum Auswirkungen auf die Fahrgastschifffahrt

Als im Sommer 2007 der Landwehrkanal für Fahrgastschiffe vorübergehend gesperrt wurde und sich der Konflikt um die Fällung der Bäume am Landwehrkanal zuspitzte wurde von Seiten großer Berliner Reedereien ein dramatisches Szenario mit Umsatzeinbrüchen und Arbeitsplatzverlusten gezeichnet. Mit dem gleichen Argument wird nach wie vor die baldige Wiederherstellung des Zwei-Richtungsverkehrs für die Fahrgastschiffe gefordert. Die aktuellen Verkehrsstatistiken des Wasser- und Schifffahrtsamtes Berlin und der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost für die Jahre 2007 und 2008 belegen allerdings, dass von nennenswerten Auswirkungen auf die Berliner Fahrgastschifffahrt keine Rede sein kann.

So kam es zwar im Bereich Landwehrkanal in 2007 zu einer deutlichen Abnahme der Schleusungen (-1057 an der Oberschleuse) . Das Gesamtverkehrsaufkommen in der Berliner Fahrgastschiffahrt konnte im gleichen Zeitraum jedoch um ca 9% zulegen. Gemessen an geschleusten Schiffen wurde die Abnahme etwa dreifach kompensiert (+3098). Trotz des Einrichtungsverkehrs hat die Anzahl der geschleusten Fahrgastschiffe auf dem Landwehrkanal in 2008 bereits wieder annähernd den Höchststand von 2006 erreicht und liegt damit doppelt so hoch wie noch Mitte der 90er Jahre. Stark betroffen war dagegen der Freizeit- und Sportbootverkehr.

Nach Einschätzung von Verkehrsexperten ließe sich selbst bei weiter steigenden Passagierzahlen der Einrichtungsverkehr dauerhaft halten, wenn die Auslastung der Schiffe verbessert würde. Diese fahren bisher vielfach unterbesetzt . Eine intelligentes Fahrgastmanagement und die Nutzung kleinerer Schiffe, die sich je nach Bedarf flexibler einsetzen lassen, würde dann zu einer Abnahme der Belastung durch Lärm und Abgase für Anwohner sorgen. Die Umstellung kann schrittweise erfolgen und sukzessive zum Einstieg in eine emissionsfreie Fahrgastschifffahrt genutzt werden. Gleichzeitig würden durch kleinere Schiffe auch mehr Arbeitsplätze in der Fahrgastschifffahrt entstehen, die Vielfalt der Anbieter könnte zunehmen und die Reedereien könnten entsprechend zielgruppenspezifischere Angebote machen. Nicht zuletzt wären kleinere Schiffe auch eher kompatibel mit Freizeitnutzungen und einem ökologischen Umbau des Kanals.

Fahrgastmanagement und der Zugang weiterer Anbieter erfordern allerdings auch eine Prüfung der Eigentumsverhältnisse in Bezug auf die Anlegstellen. So lange Anlegestellen entlang des Kanals in Privatbesitz einiger weniger Reedereien sind, ist der betriebswirtschaftliche Anreiz für dieses positive Szenario nämlich gering. Eine Trennung von Eigentum an Anlegestellen und Schiffen bzw. Transportdienstleistungen wäre deshalb sinnvoll. Für die Bewirtschaftung der Anlegestellen sollte ein Art öffentliche oder sozialwirtschaftlich organisierte "Netzagentur" eingerichtet werden.

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